Archaeology Without Borders

Humboldtians in Focus

By Barbara Wieners-Horst


Back in the days of the Iron Curtain, joint research was hardly possible. Now, archaeologists like the Georgian Joni Apakidze work hand in hand with their colleagues in Germany. 

Joni Apakidze really appreciates beautiful things – especially if they are a few thousand years old. And especially if he has discovered them himself: clasps made of bronze, beads made of semi-precious stones, and ceramics with spiral patterns or handles that look like animals’ ears. Even as a student he got excited about bronze axes, halberd blades and spearheads – they allowed him to take a peek at times long gone.

Apakidze is an archaeologist and expert on the culture of Colchis, the ancient, legendary kingdom that stretched from the west of Georgia as we know it today to north eastern Turkey. There is nothing he does not know about the prehistoric finds in the Black Sea region. And he is also acquainted with the strikingly similar Bronze Age finds archaeologists have discovered in northern Italy and the Danube Basin.

In the days of the World Wide Web, when product designs are shooting around the globe and may turn up anywhere at the click of a mouse, such parallels in décor and ornamentation may not seem particularly spectacular. But at the end of the Middle and Late Bronze Ages, the period from the 18th to the 12th century B.C., the question is: What sort of contacts existed between northern Italy and the Black Sea region, two and a half thousand kilometres to the east?

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Kolonisation und Akkulturation in Kappadokia Pontica

Dr. Latife Summerer

Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Klassische Archäologie

Montag, 17. Juni 2002 um 19.00 Uhr c.t. im Hörsaal des Robertinums, 
Universitätsplatz 12 

Die als pontisches Kappadokien bezeichnete antike Landschaft liegt am Schwarzen Meer zwischen den Flüssen Halys und Iris. Ihre alteingesessenen Bewohner werden in den Schriftquellen als Syrokappadoker oder Leukosyrer bezeichnet. Die griechischen Oikisten faßten hier im Zuge der Kolonisationsbewegung am Schwarzen Meer zum ersten Mal wahrscheinlich im 7. Jh. v. Chr. Fuß und gründeten die Stadt Amisos, die unmittelbar südwestlich vom modernen Samsun liegt. Die wenigen Schriftquellen geben widersprüchliche Informationen darüber, woher die griechischen Siedler kamen und welche Kontakte sie mit der einheimischen Bevölkerung pflegten.  

Die Geländeuntersuchungen in der Region und die Bearbeitung des archäologischen Materials aus der indigenen Siedlung Akalan sowie aus dem Bergheiligtum Çirisli Tepe im Hinterland von Amisos bringen neue Erkenntnisse über die Kulturkontakte und Hellenisierungsprozesse im pontischen Kappadokien. 

Literaturauswahl:
  
Å. Åkerström, Die architektonischen Terrakotten Kleinasiens. Lund 1966.
 
N. Baydur, Anadolu´daki kutsal daglar. Istanbul 1994.
 
W. Cummer, Iron Age Pottery from Akalan. Istanbuler Mitteilungen 26, 1976, 34-39
 
H. Kosay, Les fouilles de Pazarli. Entreprises par la Société d´Histoire Turque. Türk Tarih Kurumu Yayinlarindan 5. seri, no. 4, Istanbul 1941.
 
Th. Macridy, Une citadelle archaïque du Pont. MDVG 1907, 1-9

Neue Forschungen zum römischen Kastell Apsaros an der georgischen Schwarzmeerküste

Dr. Annegret Plontke-Lüning

(Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Altertumswissenschaften, Lehrstuhl für Klassische Archäologie)

Die Festung im heutigen Dorf Gonio, 15 km südlich von Batumi und 1 km südlich der Mündung des Tschoroch ins Schwarze Meer gelegen, wird allgemein gleichgesetzt mit dem u.a. bei Plinius, Arrian und Prokop erwähnten römischen Kastell Apsaros. Dieses war die größte Festung in dem sog. "Pontischen Limes", dem spätestens in flavischer Zeit eingerichteten Sicherungssystem der römischen Ostgrenze an der Ostschwarzmeerküste, das verwaltungstechnisch zur Provinz Kappadokien gehörte. Die Festungsmauer, die ihrem Planschema nach in die diokletianisch-konstantinische Zeit zurückgeht, ist bis zu acht Meter hoch erhalten, was auf ihre ständige, mit intensiven Reparaturarbeiten verbundene Nutzung in byzantinischer und osmanischer Zeit zurückzuführen ist. Dementsprechend vielfältig sind die Befunde im Inneren der Festung, wo außer einer in osmanischer Zeit grundlegend erneuerten Thermenanlage und einer spätosmanischen Moschee keine Bauten mehr oberirdisch erhalten sind. Ausgegraben wurden in den letzten Jahren ein großer Bau mit Innenhof und eine weiträumige Thermenanlage, die beide über lange Zeit benutzt wurden. In den letzten Jahren arbeiteten Jenaer Archäologen mit Kollegen aus Batumi gemeinsam in Apsaros. Der Jenaer Schwerpunkt lag dabei auf Untersuchungen in der Umgebung der Festung, um die Beziehungen der römischen Besatzer zur einheimischen Bevölkerung zu klären. Dazu gehörte die Suche nach deren Siedlung, nach Nekropole(n) und nach Kommunikationsanlagen wie Hafen und Straßen. Geophysikalische und Sonar-Untersuchungen wurden in die Arbeiten einbezogen, die zu neuen Ergebnissen führten. 

Literaturauswahl 
Allgemein: 
O. Lordkipanidse: Archäologie in Georgien. Von der Steinzeit bis zum Mittelalter (Weinheim 1991) D. Braund: Georgia in Antiquity. A History of Colchis and Transcaucasian Iberia 550 BC-AD 562 (Oxford 1994) 
Georgien - Schätze aus dem Land des Goldenen Vlies. Katalog der Ausstellung Bochum 2001. 

Zur Festung: 
T. Uspenskij: Starinnaja krepost na ust'e Corocha. - Bulletin de l'Académie Impériale des Sciences de Russie 11 (1917) 163-169. 
V. A. Lekvinadze: Materialy po istorii i architekture Apsarskoj kreposti. - VizVrem 20 (1961) 225-242. 
M. Speidel: The Caucasus Frontier. Second century garrisons at Apsarus, Petra and Phasis. - In: Studien zu den Militärgrenzen Roms III, 13th Int. Limescongress (Stuttgart 1986) 657-658. 
A. Plontke-Lüning: Das römische Kastell Apsaros. - Georgica 17 (1994) 23-28. 
Sh. Mamuladze, E. Kakhidze, M. Khalvashi: Die Römer in Südwestgeorgien. - Georgica 24 (2001) 35-46. 
Š. Mamuladze - M. Chalvaši - L. Aslanišvili: Rimskie garnizony Apsara. - VDI 2002.1 33-39. 
A. Geyer - Sh. Mamuladze (Ed.): Gonio-Apsaros. Erster Vorläufiger Bericht. Arbeiten im Jahr 2000 (Tbilisi 2002).

Fundkontexte griechischer Keramik in Kolchis und Iberien: Möglichkeiten und Grenzen der Interpretation

Ulrich Sens, M.A.

(Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Klassische Alertumswissenschaften)


Um die in den antiken Quellen genannten, allerdings nicht ausgegrabenen bzw. lokalisierten, griechischen Kolonien der östlichen Schwarzmeerküste, Phasis, Gyenos und Dioskurias, gruppieren sich kleinere Siedlungen, Einzelgehöfte und Gräber mit griechischer Keramik, die teilweise bis in die 1. Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. zurückreicht. Besonders erstaunlich ist die große Anzahl griechischer Gefäße, die in Pitschwnari zutage kam, einem Fundort, der von keinem antiken Autor erwähnt wird. 

Im Binnenland der Kolchis und der sich östlich anschließenden Landschaft Iberien läßt sich die Verbreitung griechischer Keramik entlang der Flußtäler von Rioni, Kvirila und Kura beobachten. Sie tritt in diesem Gebiet in archaischer und klassischer Zeit hauptsächlich in ‘Fürstengräbern’ auf, die sich durch ein bestimmtes Inventar (Schmuck und Gefäße aus Edelmetall, Pferdegeschirre, Importwaren, Waffen) auszeichnen.

Erst in hellenistischer Zeit erscheinen in der lokalen Keramik in größerer Anzahl Nachahmungen griechischer Formen, jetzt auch in Gräbern, die vermutlich einfacheren Bevölkerungsschichten zuzuschreiben sind.

Für das Küstengebiet machen die Kartierung von Funden griechischer Keramik im Umland der Kolonien und die Interpretation der entsprechenden Fundkontexte deutlich, daß auch hierdurch Rückschlüsse auf die ‘zentralen’ griechischen Niederlassungen möglich sind, wenn auch andere Fundgattungen, wie etwa Inschriften, Stelen oder Münzen, größere Aussagekraft besitzen. Insbesondere bei Keramikfunden in Gräbern sind aufgrund der oft schwierigen oder unmöglichen ethnischen Zuweisung der Interpretation enge Grenzen gesetzt. 

 Literaturauswahl

 Allgemein, mit ausführlichen Bibliographien: 

Braund, D., Georgia in Antiquity (Oxford 1994).
Lordkipanidse, O., Archäologie in Georgien (Weinheim 1991).

 Zu ausgewählten Fundorten:

Gagošije, It’xvisis samarxi, Sak’art’velos saxelmcip’o muzeumis moambe 25 V, 1968, 31-46. 
Kachidze, A., Vostotschnoe Pritschernomore v antitschnuju epochu (Batumi 1981)
Kvirkvelia, G., On the Early Hellenistic Burials of North-Western Colchis, AA 1995, 75-82.
Lordkipanidse, O., Vani - ein antikes religiöses Zentrum im Lande des Goldenen Vlieses (Kolchis), JbZMusMainz 1995, 353-401. 
Ders., Phasis. The river and city in Colchis (Stuttgart 2000).
Lordkipanidzé, O. - Lévêque, P. (Hrsg.), Le Pont-Euxin vu par les Grecs (Paris 1990).
Lordkipanidzé, O. - Lévêque, P. (Hrsg.), Sur les traces des Argonautes (Paris 1996).
Lordkipanidzé, O. - Lévêque, P. (Hrsg.), La mer Noire. Zone des contacts (Paris 1999).
Mik’elaje, T.K., Rionis k’vemo celis ark’eologiuri jeglebi (Tbilisi 1978). 
Nadiraje, D., Sairxe - sak’art’velos udsvelesi kalaki (Tbilisi 1990). 
Šamba, G.K., Ešerskoe gorodištsche (Tbilisi 1980). 
Tsetskhladze, G., Pichvnari and its environs (Paris 1999)
Ders., Die Griechen in der Kolchis (Amsterdam 1998).
Trapš, M.M., Drevnii Suchumi. Trudy I (Suchumi 1969).
Voronov, J.N., Novye materialy anti noi epochi is okrestnostjei Dioskuriady, SovA 1991, 225-234.
Ders., Dioskuriada-Sebastopolis-Zchum (Moskau 1980).
Ders., Achul-Abaa - poselenie antitschnogo vremeni v okrestnostjach Suchumi, Materialy po archeologii Abchasii, 1979, 32-36.

Die Koban-Kolchis-Kultur im östlichen Schwarzmeerraum

”Die Koban-Kolchis-Kultur im östlichen Schwarzmeerraum” 

Dr. Ingo Motzenbäcker 

Deutsches Archäologisches Institut, 
Eurasienabteilung (Berlin) 

Mittwoch, 7. Februar 2001 um 19.00 Uhr s.t. im Hörsaal des Robertinums, 
Universitätsplatz 12 

Zwischen der georgischen Schwarzmeerküste und oberem Terek ist aus der späten Bronze-bis frühen Eisenzeit (ca. 14.-6. Jh. v. Chr.) eine stattliche Anzahl von Bronzefunden aus Gräbern, Siedlungen und Horten vorhanden, die aus forschungsgeschichtlichen Gründen bis in die jüngste Vergangenheit zwei verschiedenen Kulturen - der Kolchis-Kultur in Westgeorgien und der Koban-Kultur in Zentral- und Nordkaukasien - zugeordnet worden sind.

Der Begriff Koban-Kultur ist dabei forschungshistorisch der ältere. Er leitet sich von Gräberfeldern beim Aul Koban, Nordossetien, im nördlichen Hochgebirgskaukasus unweit der Georgischen Heerstraße gelegen, her und wurde 1881 von dem berühmten Berliner Arzt und Anthropologen Rudolf Virchow geprägt. Virchow hatte am Fundort selbst Ausgrabungen vorgenommen und seine Ergebnisse bald dem europäischen Fachpublikum präsentiert. Aufgrund der reichen Metallbeigaben in den Gräbern und einer vermuteten ähnlichen Zeitstellung hatte man Koban auch das "Hallstatt des Ostens" genannt.

Die in der Folgezeit (bis heute) durchgeführten Ausgrabungen in den Gebirgstälern zwischen den Zu- und Quellflüssen von Kuban im Westen und Terek im Osten förderten ähnliche Funde zutage, so daß der Begriff "Koban-Kultur" zu einem feststehenden Terminus in der nordkaukasischen Archäologie wurde.

Als charakteristische Merkmale dieser Kultur sind zu nennen: in der Regel Bestattungen (auch von mehreren Individuen) in Steinkistengräbern, ausgestattet mit reichen Waffen- bzw. Schmuckbeigaben aus Bronze, wovon hier die häufig mit Gravurornamenten verzierten, s-förmig gebildeten Äxte sowie mannigfaltigen plastisch gestalteten Tierfiguren hervorgehoben werden sollen. Weitere Merkmale (insbesondere Bogenfibeln) erinnerten in der Tat an Formen spätbronze- und früheisenzeitlicher Kulturen in den Donauländern, so daß man sogar an eine Einwanderung danubischer Stämme dachte, die zu einer "Hallstattisierung" Nordkaukasiens geführt habe.

Mit der zunehmenden archäologischen Erforschung Westgeorgiens, der antiken Kolchsi, ab den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts, gelangten Hunderte von Hortfunden ans Tageslicht, die einerseits Bronzegegenstände enthielten, welche denjenigen aus der Koban-Kultur stark ähnelten, andererseits aber auch Geräte, die aus dem Norden nicht bekannt waren. Ähnlichkeiten in der Ornamentik führten schnell zur Erkenntnis, daß man es hier mit verwandten und gleichzeitigen kulturellen Phänomenen zu tun haben müsse. Da aber diese Hortfunde wie auch Siedlungen mit entsprechenden Funden nur in dem festumrissenen geographischen Raum Westgeorgien festgestellt werden konnten, wählte man die Bezeichnung "Kolchis-Kultur" für diese Erscheinung. Der "Reichtum" dieser Kultur und ihr Verbreitungsgebiet (Schwarzmeerküste und Hinterland) führten zur (noch nie durch eindeutige Funde bewiesenen) Annahme, daß hinter der Argonautenfahrt eine tatsächliche Unternehmung mykenischer Seefahrer im Schwarzen Meer gestanden haben könnte.

Ob es sich hier tatsächlich um zwei "Kulturen" handelt, wird aufgrund folgender Überlegungen diskutiert: 1.) die verschiedenen archäologischen Quellen sind ungleichmäßig verteilt: im Norden (Koban-Kultur) überwiegen eindeutig Grabfunde, im Süden (Kolchis-Kultur) Horte und Siedlungen; 2.) auffallende Ähnlichkeiten bei bestimmten Gerätetypen und Zierweisen sind nachgewiesen 3.) Bergbau und Metallverarbeitung könnten zu einer Vereinheitlichung in bestimmten Kulturbereichen geführt haben. Der Vortrag hat sich somit zur Aufgabe gestellt, diese Aspekte sowie die Frage nach der Entstehung dieser Kultur(en) zu diskutieren.

Ausgewählte Literatur:
  
E. N. CHERNYKH, Ancient metallurgy in the USSR. The Early Metal Age (Cambridge 1992). 
M. CHIDAŠELI, Die Gürtelbleche der älteren Eisenzeit in Georgien. Beiträge zur Allgemeinen und Vergleichenden Archäologie 8, 1986 (1989) 7-72. 
J. V. DOMANSKIJ, Alte künstlerische Bronzen aus Kaukasien [russ.] (Moskau 1984). 
O. M. DZAPARIDZE, Bronzeäxte aus Westgeorgien. Sovjetskaja Archeologija 18, 1953, 281 ff. 
F. HANCAR, Hallstatt - Kaukasus. Ein Beitrag zur Klärung des Kimmerierproblems. Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft Wien 73-77, 1947, 152 ff. 
D. L. KORIDZE, Geschichte der Kolchis-Kultur (T'bilisi 1960). 
V. I. KOZENKOVA, Serzen'-Jurt. Ein Friedhof der späten Bronze- und frühen Eisenzeit. Materialien zur Allgemeinen und Vergleichenden Archäologie 48 (Mainz 1992). 
E. I. KRUPNOV, Urgeschichte Nordkaukasiens [russ.] (Moskau 1960). 
B. A. KUFTIN, Materialien zur Archäologie der Kolchis [russ.] Band 1 (T'bilisi 1949) Band 2 (T'bilisi 1959). 
O. LORDKIPANIDSE, Archäologie in Georgien. Von der Altsteinzeit zum Mittelalter. Quellen und Forschungen zur prähistorischen und provinzialrömischen Archäologie 5 (Weinheim 1991). 
I. MOTZENBÄCKER, Sammlung Kossnierska. Der digorische Formenkreis der kaukasischen Bronzezeit. Museum für Vor- und Frühgeschichte SMPK Bestandskataloge 3 (Berlin 1996). 
T. MIKELADZE, Zur Archäologie der Kolchis [russ.] (T'bilisi 1990). 
B. V. TECHOV, Zentralkaukasien vom 16.-10. Jh. v. u. Z. [russ.] (Moskau 1977). 
R. VIRCHOW, Das Gräberfeld von Koban im Lande der Osseten, Kaukasus. Eine vergleichend-archäologische Studie (Berlin 1883).

Kulturgeographie der Spätbronze- und Eisenzeit im Nord- und Westkaukasus

Kulturgeographie der Spätbronze- und Eisenzeit im Nord- und Westkaukasus

 Von Dr. des. Sabine Reinhold, Institut für Prähistorische Archäologie, Freie Universität Berlin

 Die Spätbronze- und Eisenzeit in Kaukasien ist eine Zeit der kulturellen Blüte. Reich ausgestattete Grabfunde, Metalldeponierungen, Siedlungen und Produktionswerkstätten geben Auskunft über die Lebenswelt der prähistorischen Gruppen nördlich und südlich der Hochgebirgskette des Großen Kaukasus.

In der russischen Forschung wird dieser Kulturraum traditionell der Koban Kultur im Norden und der Kolchis Kultur im Südwesten zugewiesen. Beide Kulturen sind einander sehr ähnlich und wurden in der Forschung auch lange als ein zusammengehöriger Kulturraum angesehen. Er stand neben einem zweiten, vergleichbaren Kulturraum in Ost- und Südgeorgien, Armenien und Azerbeidžan. Nach einer Periode der Differenzierung der spätbronze- und eisenzeitlichen Kulturen in kleinere territoriale Einheiten, wie sie seit den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts vor allem durch Forscherpersönlichkeiten wie E.I. Krupnov, V.I. Kozenkova, D. Koridze oder T. Mikeladze vertreten wurden, setzt sich in jüngere Zeit langsam wieder die Einsicht durch, dass die verschiedenen Regionalgruppen im Nord- und Westkaukasus doch Teil eines größeren Ganzen sind.

 

Unterschiedliche archäologische Phänomene erlauben es im Analogieschluss zu primordialen Gesellschaften lokale Identitäten und überregionale Kommunikationsstrukturen zu erschließen, die Grundlage von solchen archäologischen Kulturen oder Kulturräumen sein können. Die Verbreitung von (Grab)Trachten, Begräbnissitten und bestimmten Formen der materiellen Kultur geben Hinweise auf regionale kulturelle Spezifika und lokale Identitäten. Die Ethnographie weist die Wahrnehmbarkeit solcher Identitäten und die scharfe Grenzziehung zu benachbarten Gruppen als besondere Charakteristika von Bevölkerungen aus, die in Gebirgsregionen siedeln. Entsprechende Grenzen finden sich auch im archäologischen Material des Kaukasus immer wieder. Dennoch existieren parallel dazu Elemente, die mehreren Gruppen gemein sind, die als Exporte, Kultur- oder Materialtransfer zu werten sind. Methodisch stellt sich demzufolge die Frage, auf welcher Ebene man die archäologischen Kulturen dieser Region definieren soll, wo ihre Territorialgrenzen zu ziehen sind und wo überregionale Kommunikationsstrukturen beginnen.

 

Als zweiter Schwerpunkt soll mit diesem Beitrag der Frage nachgegangen werden, in welchem Verhältnis die Gruppen der vorskythischen Epoche zum Schwarzmeerraum standen. Zu nahezu allen Zeiten existieren Kontakte in die Räume nördlich des Schwarzen Meeres. In der Eisenzeit sind es hauptsächlich die immer wieder mit reiternomadischen Kimmeriern in Verbindung gebrachten Prunkwaffen und Pferdeschirrungen, die solche Kontakte belegen. Sie finden sich zwischen Kaukasus und Karpatenbecken in nahezu identischer Form wieder und wurden lange Zeit als Hinweise auf die Raubzüge dieser Reiternomaden gedeutet. Andere Autoren sehen in ihnen hingegen Zeichen einer lang anhaltenden, gegenseitigen kulturellen Beeinflussung, in der kaukasische Reiterkrieger langsam zum militärischen Vorbild der nordpontischen und osteuropäischen Eliten wurden. Aus kaukasischer Perspektive zeigt sich, dass die Objekte in der Tat Elemente eines Austauschsystems zwischen den lokalen Regionalgruppen im nordkaukasischen Vorgebirge waren, in die auch weitere Regionen in der eurasischen Steppen- und Waldsteppenzone eingebunden waren. Diesem Austauschsystem steht ein anderes gegenüber, das die Gruppen im Hochgebirge und im westlichen Transkaukasien verbindet. Auch dieses System ist in den pontischen Raum eingebunden, wie etwa der Hortfund von Ordu oder die vermutlich kolchische Keramik an der Südküste des Schwarzen Meeres zeigen. Zu fragen wird sein, in wie weit der Schwarzmeerraum jenseits des östlichen Teilabschnitts, der durch das kaukasische Gebirge eingenommen wird, Impulsgeber oder Impulsnehmer war, und auf welcher Ebene die kulturellen Kontakte stattfanden.

 
Einführende Literatur in Deutsch/Englisch

Sergej L. Dudarev/Jakov B. Berezin. Neue präskythische Funde aus der Umgebung von Pjatigorsk, Nordkaukasien. Eurasia Antiqua 5, 1999, 177-209.

Olga R. Dubovskaja, Zur ethnischen und kulturellen Einordnung der 'Novočerkassk-Gruppe'. Eurasia Antiqua 3, 1997, 277-327.

Georg Kossack, Tli Grab 85. Bemerkungen zum Beginn des skythenzeitlichen Formenkreises im Kaukasus. Beitr. zur Allg. und Vergl. Arch. 5, 1983, 89-177.

Georg Kossack, Neufunde aus dem Novočerkassker Formenkreis und ihre Bedeutung für die Geschichte steppenbezogener Reitervölker der späten Bronzezeit. Il Mare Nero 1, 1994,19-54.

Valtenina I. Kozenkova, Seržen'-Jurt. Ein Friedhof der späten Bronze- und frühen Eisenzeit im Nordostkaukasus (Mainz 1992).

Carola Metzner-Nebelsick, Kimmerier. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 16 (Berlin/New York 2000) 504-523.

Ingo Motzenbäcker, Sammlung Kossnierska. der Digorische Formenkreis der kaukasischen Bronzezeit (Berlin 1996).

Sabine Reinhold, Traditions in transition: some thoughts on late Bronze Age and early Iron Age burial costumes from the Northern Caucasus. European Journal of Archaeology 6/1, 2003, 25-54.

Biba, Teržan. Das Land der Medeia? In: Uwe Finkbeiner/Rainer Dittman/Harald Hauptmann (Hrsg.), Beiträge zur Kulturgeschichte Vorderasiens (Festschrift R. M. Böhmer) (Mainz 1995) 627-637.

V. B Vinogradov/Sergej L. Dudarev. Spätbronzezeitliche Gräberfelder bei Majrtup in Čečenien. Eurasia Antiqua 6, 2000, 361-403.

 

Einführende Literatur in Russisch

Sergej L. Dudarev, Vzaimootnošenija plemen Severnogo Kavkaza s kočevnikami Jugo-Vostočnoj Evropy v predskifskuju epochy (IX – pervaja polovina VII v. do n.e.) (Armavir 1999).

Valentina I. Kozenkova, Chronologija kobanskoj kul’tury: dostiženija, opyt utochenija, nerešennye problemy. Sovetskaja Archeologija 1990, 4, 64-92.

Valentina I. Kozenkova, Kul’turno-istoričeskie processy na Severnom Kavkaze v ëpochu pozdnej bronzy i v rannem železnom veke (Uzlovye problemy proischoždenija i razvitnaja kobanskoj kul’tury (Moskau 1996).

Bagrat V. Techov, Tlijskij mogil’nik 1-3 (Tbilisi 1980-1985).

 
Theorie und Methodik

Fredkik Barth, Introduction. In: Fredrik Barth (Hrsg.), Ethnic Groups and Boundaries. The Social Organisation of Cultural Difference (Oslo/London 1969) 9-38.

Stefan Burmeister, Zum sozialen Gebrauch von Tracht. Aussagemöglichkeiten hinsichtlich des Nachweises von Migrationen. Ethn. Arch. Zeitschr. 38, 1997, 177-203.

Mats Burström, Reconstructing the spatial extension of ancient societies: a Scandinavian Viking Age example. Archaeologia Polona 34, 1996, 165-181.

Hermann Kreutzmann, Ethnizität im Entwicklungsprozeß. Die Wakhi in Hochasien (Berlin 1996).

Günter Smolla, Analogien und ihre Grenzen. In: Urgeschichte als Kulturanthropologie (Festschrift Karl J. Narr I) Saeculum 41, 1990, 326-221.

Ulrike Sommer, Materielle Kultur und Ethnizität - eine sinnlose Fragestellung? In: Spuren und Botschaften: Interpretation materieller Kultur (Münster/New York/München/Berlin 2003) 205-224.

Jörg Stadelbauer, Bergnomaden und Yaylabauern in Kaukasien. Zur demographischen Entwicklung und zum sozioökonomischen Wandel bei ethnischen Gruppen mit nicht-stationärer Tierhaltung. Paideuma 30, 1984, 201-225.

J.C. Watkins, Spirited Women. Gender, Religion, and Cultural Identity in the Nepal Himalaya (New York 1996).

M. Wobst, Stylistic behaviour and information exchange: In: Ch. E. Cleveland(Hrsg.), For the director: Research Essays in honour of James B. Griffin (Ann Arbor 1977) 317-342.

Alison Wylie, The Reaction against Analogy. In: M.B. Schiffer (Hrsg.), Advances in archaeological method and theory 8, 1985, 63-111.


http://www.blacksea-archaeology.org/de/lectures/archiv/mai_2004.html